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Immobilien- und Mietpraxis in der Vormoderne. Raumdynamiken in Augsburg (1480 bis 1620)

„Deutschland bleibt also ein Land der Mieterinnen und Mieter!“

„Deutschland bleibt also ein Land der Mieterinnen und Mieter!“, ergab der Mikrozensus von 2021. Steigende Mieten und knapper Wohnraum beschränken sich jedoch nicht nur auf die Gegenwart: 

1564 etwa beschwerte sich ein Augsburger Bürger bei Rat und Bürgermeister darüber, dass ihm die Miete erhöht worden war, obgleich ihm versprochen worden war, „den Zins […] nit zu staigern.“ Sollte die Miete weiter angehoben werden, müsse er sich eine andere Bleibe suchen und umziehen. Ähnlich erging es auch Michael Stecken ein gutes Jahr später, dem durch seinen Vermieter die Wohnung gekündigt worden war. Weil er als Kammmacher handwerksbedingt zwangsläufig eine offene Feuerstätte betreiben müsse, dies vonseiten möglicher neuer Mitbewohner*innen und Nachbar*innen jedoch als unkalkulierbare Gefahr ausgemacht worden sei und er deshalb „von vilen leuten gescheucht und ganz schwärlich eine geraume, dienlich behausung bekhomen“ könne, wandte er sich an die städtische Obrigkeit, um diesem Umstand ab- und ihm zu einer neuen Bleibe zu verhelfen.

Zwei Supplikanten, zwei unterschiedliche Situationen, zwei Narrative, zwei Existenzen, eine Herausforderung: Wohnen zur Miete. 

 

Miete historisieren

Fragen rund um Miete und Wohneigentum, bezahlbaren Wohnraum und nachhaltigen Wohnungsbau oder Nachverdichtung sind aktueller Gegenstand nicht nur sozialpolitischer, wirtschaftlicher oder umwelttechnischer Überlegungen, sondern benennen den Kern existenzieller Problemlagen von Gesellschaften selbst. Umso erstaunlicher ist es, dass bislang nur wenige Studien Miete aus einer dezidiert historischen Perspektive untersucht und damit das Gewordensein dieses raum- und gesellschaftsübergreifenden Phänomens näher thematisiert haben. 

 

Zielsetzung des Projekts und Vorhaben

Das von der Gerda Henkel Stiftung geförderte Projekt „Raumdynamiken“ greift dieses Desiderat auf und zielt darauf ab, durch die Auswertung der Augsburger Steuerbücher im Zeitraum von 1480 bis 1620 

  1. grundlegende Informationen bzw. Daten über die sozio-ökonomische Zusammensetzung eines urbanen Raumes zu sammeln, 
  2. durch die diachrone Analyse sozio-ökonomische Dynamiken zu identifizieren, die sich in sozialer wie räumlicher Mobilität und der Veränderung von Eigentum und Vermögen äußern und 
  3. einen Beitrag zur Analyse von ökonomischen Situationen von (Ver)Mieter:innen zu leisten, um hierauf aufbauend soziale Positionen bestimmen und eine vormoderne Miet- und Immobilienpraxis inhaltlich konkretisieren zu können.

 

Finanziert wird das Projekt durch die Projektförderung der Gerda Henkel Stiftung.

 

Projektmitarbeitende

 

Dr. Maria Weber

Rocco Günther (studentische Hilfskraft)

Jacob Riesle (studentische Hilfskraft)